Mühlenmahlzeit

Geschichte der Mühle

Eine bewegte Geschichte

Lychen hat in seiner mehr als 700-jährigen Geschichte auch eine jahrhundertealte Mühlentradition. Schon im 13. Jahrhundert wird die Lychener Stadtmühle erwähnt, sie soll die älteste urkundlich belegte Wassermühle im Templiner Bereich gewesen sein. Wie Stadtchronist Eberhard Kaulich in seinem Heftchen „Wasser auf die Mühle“ (2014) feststellt, lagen die Mühlen früher ausnahmslos außerhalb der Stadttore. Denn die Müller – wie etwa die Scharfrichter, Bader, Nachtwächter und Schäfer – zählten zu den „unehrlichen“ Berufen. Weil sie beim Mahlen des Getreides oft Mehl für sich abzweigten. Nicht selten sollen die unehrlichen Müller auch Bordelle betrieben haben. Ob das allerdings auch in Lychen der Fall war, ist ebenso wenig überliefert wie Fakten über die tatsächliche Ehrlichkeit des damaligen Müllers.

Mühlenneubau nach dem Brand

1808 brannte die Stadtmühle ab. Es war laut Kaulich ein hölzerner Fachwerkbau, der tiefer und etwas zurückgesetzt zur Stargarder Straße stand – also etwa auf dem Niveau, auf dem sich heute der Flügel mit Mühlenwirtschaft und Kaffeemühle befindet. Der Neubau erfolgte als Backsteingebäude entlang der Straße. Der alte Weg entlang des Mühlenbachs verschwand dabei, statt dessen musste der Müller einen neuen Gang anlegen – der als „Müllergang“ seit 2014 auch wieder begehbar ist.

Der Mühlenbach

Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Mühlenbach verbreitert, um Getreide und Mehl mit Kähnen vom Nesselpfuhl aus transportieren zu können. Noch heute erinnert daran eine Platte in der Uferbefestigung mit der Inschrift: „Heute wurde dieser von mir erbaute Schifffahrtskanal durch den Schiffer Carl Kunowski aus Himmelpfort eröffnet. Lychen, den 23. Oktober 1893. Ed. Scherz“. Gegenüber der Stelle, an der sich diese Tafel befindet, ist in den vergangenen Monaten eine Anlegestelle für Wassersportler entstanden.

1992 war Schluss

Mühlenbesitzer Paul Scherz rüstete die Wassermühle 1902 auf Dampfbetrieb um, nach 1911 auf den Betrieb mit Strom. Der überflüssig gewordene hohe Schornstein, der auf Fotos aus dieser Zeit zu sehen ist, wurde 1936 abgetragen. Nach 1945 wurde die Mühle verstaatlicht und gehörte ab 1978 zum VEB Mühlenwerke Neubrandenburg. 1986 wurde sie saniert und ein Verwaltungsgebäude errichtet. Nach der Wende brach der Absatz ein und am 1. April 1992 endete mit der Schließung der Mühle eine fast 750-jährige Mühlengeschichte in Lychen.

Gegenwärtiges und Visionäres

Danach gab es immer wieder verschiedene Bemühungen, das große, denkmalgeschützte Gebäude in der Ortsmitte der Flößerstadt neu zu beleben. 1999 wurden einige Gebäudeteile abgerissen, andere gesichert. Ein Jahr später wird in der Mühle ein Faltbootmuseum eröffnet – ein Kapitel, das bis 2006 dauerte und von dem noch einige erhaltene Faltbootmodelle künden. 2011 gründete sich ein Verein mit dem programmatischen Namen „Wasser auf die Mühle e.V.“ und unterzeichnete zwei Jahre später einen Nutzungsvertrag mit der Stadt. Seither ist viel im Inneren und Äußeren des geschichtsträchtigen Gebäudes passiert. Carla Kniestedt, eine der Initiatorinnen des Vereins, hat – unterstützt von EU-Fördermitteln – in den Ausbau der einstigen Werkstatt und der Wohnung des Mühlenverwalters investiert und dort am 1. August 2015 die „Mühlenwirtschaft und Kaffeemühle“ eröffnet.